OBERHESSISCHE PRESSE MARBURG
Samstag, 4. Mai 2002. Stadtteilgemeinden werben für einen friedlichen Marktfrüh­schoppen

Neuer Veranstalter will altes Fest - "Fidele Luftpumpen" sollen am ersten Sonntag im Juli aufspielen von Brigitte Bohnke

Marburg. Die Stadtteilgemeinden wagen einen neuen Anlauf. Sie wollen als Veranstalter den Marktfrühschoppen zum "unpolitischen Fest für alle Bürger" machen. "Zurück zu den Wurzeln." Für Detlev Scharlau, Präsident der Ketzerbachgesellschaft und in dieser Eigenschaft zurzeit Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft (AG) Marburger Stadtteilgemeinden, ist dieser Satz  Motto und Programm zugleich. Denn die Arbeitsgemeinschaft tritt an, als Veranstalter das kürzeste Volksfest Deutschlands wiederzubeleben. Aus diesem Grund trat die AG dem Marktfrühschoppenverein bei, der vor zwei Jahren extra als Veranstalter des Festes gegründet worden war. Da die Stadtteilgemeinden in diesem Verein nun die Mehrheit stellen, wollen sie als Veranstalter das Zepter selbst in die Hand nehmen.

Scharlau, sein Vorgänger als Vorsitzender der AG, Hans-Joachim Wölk, sowie Friedrich Reinhard, Reiner Mudersbach gehören zu der Vorstandsgruppe, die sich nun um den Marktfrühschoppen kümmert. Am 7. Juli wird er auf dem Marktplatz stattfinden.

Die Wirte rund um den Marktplatz wie in den Jahren zuvor auch, als "Gastgeber" mit dabei. Aufspielen wird die Blaskapelle "Fidele Luftpumpen". Für Scharlau eine Gruppe, die von der Musik her für eine Veranstaltung wie den Marktfrühschoppen "stimmig" sei und zudem so bekannt, dass sie viele Besucher anlocke.

"Wir erhoffen uns ein ruhiges Fest", sagt Hans-Joachim Wölk Detlev Scharlau werde einige kurze Begrüßungsworte sprechen, mehr nicht. "Wir werden als Veranstalter niemanden zielt einladen, aber auch niemanden ausladen", so Wölk Letzteres fordern immer wie der Kritiker des Marktfrühschoppens, denn für sie ist die Dominanz der Verbindungsstudenten im allgemeinen und die Präsenz von Korporationen wie die "Rheinfranken", "Germania" und Normannia-Leipzig " im Besonderen Anlass, mit Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Veranstaltung vorzugehen.

Im vergangenen Jahr haben DGB, SPD, Grüne, die Jungsozialisten und der Arbeitskreis Landsynagoge Roth vom Veranstalter Marktfrühschoppen Verein eine "deutliche Distanzierung von Rechtsextremen Burschenschaften" gefordert, zu denen die oben genannten gezählt werden. Das geschah nicht.

Im vergangenen Jahr haben sich vor und während des Festes auf dem Marktplatz aber erstmals Verbindungsstudenten öffentlich von Korporationen wie den "Rheinfranken" distanziert. 1995 gab es während des Umtrunks auf dem Marktplatz die ersten Krawalle. Die Oberstadtgemeinde stieg 1998 als Veranstalter "ihres" Festes Marktfrühschoppen aus. Eine Veranstaltung die nur unter Polizeischutz abgehalten werden kann, wollte sie nicht mehr organisieren.

Versuche, die Veranstaltung zum multikulturellen Fest umzugestalten, scheiterten. Auch Manfred Gundlachs Bemühungen als Vorsitzender der Oberstadtgemeinde, einen breiten Konsens für das Fest zu finden und auch Kritiker einzubinden, blieben ohne Erfolg. Polizei-Hundertschaften gehörten in den vergangenen Jahren zum Bild des Marktfrühschoppens. Die Arbeitsgemeinschaft der Stadtteilgemeinden ist dennoch zuversichtlich, daß mit ihnen als Veranstalter an frühere " ungestörte Zeiten " angeknüpft werden kann, wie Detlev Scharlau betont. Seine Zuversicht begründet er mit den Erfahrungen am Abend des 30. April (Maieinsingen). "Da haben die Bürger und Korporierte in Marburg friedlich neben- und miteinander gefeiert, sagt Scharlau. "Es geht also doch".

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