Der Marktfrühschoppen war ein ruhiges Fest der Marburger
Nach den „Straßenschlachten" der vergangenen Jahre blieb es diesmal ruhig
Quelle: Marburger Neue Zeitung [ http://www.mittelhessen.de/00/0701/020701/020701_mnz1.htm ]
Datum: 02.07.2001



Von Stefan Schienbein

Marburg. Der Marburger Marktfrühschoppen – das „kürzeste Volksfest der Welt" – war einmal ein Traditionsfest. Dann war er verschrien, weil er nach Ansicht von Kritikern für studentische Verbindungen veranstaltet wurde, die als rechtsradikal galten und gelten. Über mehrere Jahre hinweg löste der Marktfrühschoppen gar Straßenschlachten und Großeinsätze der Polizei aus. Am Sonntag, 1. Juli, wurde das Fest nun wieder gefeiert – und es blieb ruhig. Abgesehen von einigen Farbbeuteln, die Unbekannte geworfen haben, verlief das Fest ungestört. Über 2000 Menschen feierten bei gutem Wetter auf dem Marktplatz.

Kirsten Pfeiffer-Ehlebrecht vom Marktfrühschoppen-Verein bezeichnete das Fest als gelungene Veranstaltung – und auch die Gegner des Traditionsfestes kamen auf ihre Kosten und konnten ihre Meinung laut trommelnd und auf Plakaten kund tun.

Pünktlich um 11 Uhr wurde das Treiben auf dem Marktplatz eröffnet, eine Stunde zuvor trafen sich Gegner der Veranstaltung zu einer Kundgebung an der Augustinertreppe. In Redebeiträgen, die vom Tonband kamen, wurde die Abschaffung der Studentenverbindungen und das Verschwinden des Marktfrühschoppens zu Gunsten des Kommunismus gefordert.

Die Organisatoren der Kundgebung wandten sich gegen rechts-nationales Gedankengut, das ihrer Ansicht nach nicht nur in sämtlichen studentischen Verbindungen auszumachen ist, sondern überdies auch bei den „ganz normalen Deutschen von nebenan": „Konservatismus und rechte Gedanken kommen aus der Mitte der Gesellschaft". In die gleiche Ecke wurden auch die Vereine gestellt – namentlich die Sportvereine und Feuerwehren: Sie seien „saufende Männerbünde".

Keine Randale

Rund 60 Polizeibeamte waren nach Auskunft von Polizeisprecher Werner Tuchbreiter um und auf dem Marktplatz im Einsatz. Zu Tätlichkeiten kam es jedoch nicht. Lediglich in einige Diskussionen zwischen Besuchern des Marktfrühschoppens und dessen Gegnern musste die Polizei moderierend eingreifen.

Traditionell wurde der Marktfrühschoppen, in diesem Jahr offiziell als Fest für alle Marburger ausgewiesen, um eine Stunde verlängert. Für den musikalischen Rahmen sorgte eine DixieLand-Band, die aber auch einige Studentenlieder spielte. Der Festgesellschaft waren vorher Textblätter an die Hand gegeben, so dass beinahe der ganze Marktplatz „Die Gedanken sind frei" oder das Marburg-Lied sang.

Polizei-Einsatzleiter Adolf-Walter Schürg und Tilmann Pfeiffer vom Marktfrühschoppen-Verein vereinbarten dann mit den Gegnern eine Art Burgfrieden, um einen Teil der Polizeikräfte aus dem Einsatz zu entlassen. Sie mussten nach Biebertal abrücken, um weiter nach dem vermissten Mädchen zu suchen (wir berichteten gestern darüber).

Nach Informationen der Polizei blieb es auch im Umfeld des Marktfrühschoppens ruhig, besondere Vorkommnisse wurden nicht vermeldet.

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