Marktfrühschoppen 1998

Preludium

Marburg, 24. Mai 1998. Ich komme von der Arbeit und trage die Uniform des Unsympathen - das blaue Buissinesshemd mit weißem Kragen. Stehe an der Ampel. Kinder lesen Aufkleber. "Was ist ein Marktfrühschoppen?". Da hat die Volkspädagogik wohl eine handvoll Zehnjähriger ausgelassen, denke ich süffisant. Umgeben von digitalen Ungeheuern (digitalem Nachwuchs), aufgewachsen mit Demokratie und McDonalds, naja, man muß den Kids auch was bieten, es sind - wir wir - die Kinder von ratio und Aufklärung. Der Aufkleber: "Marktfrühschoppen 1998 zerzschlagen" prangt an einer Straßenlaterne an der noch nicht verkehrsberuhigten Hauptstraße der Stadt, die einmal "Heimat" der Alma Mater Philippina war. Zur Zerstreuung lesen. Ich widme mich dem Haus-und-Hof-Blatt der undogmatischen(!) Linken. Im marburg virus nummer 66 wird ein Blick in die Gutmenschen-Zukunft geworfen: "Marburg im Jahre 2010. Sie wird von Räten beherscht, freie Wahlen sind abgeschaft. Der anonyme Schreiber läßt erkennen, welche Zukunft er den Verbindungen wünscht: "Die Marburger Burschenschaften haben schon sehr früh, im Jahre 2000, entdeckt, daß die Marburger Freie Uni für ihren elitären Bildungsgedanken keine Verwendung mehr hatte. Im Februar 2000 gab es dann den elenden Zug der Marburger Korporationen, mit dem Bündel auf dem Rücken, einem ungewissen Schicksal entgegen. Verstreut in die letzten Winkel der alten BRD, wurden sie jedoch in den neuen Schoß ihrer alten (sic!) Verbindungen aufgenommen und galten von nun an als die ‘Vertriebenen’ aus der Rätestadt Marburg. Durch diese Flucht sah sich die Marburger Bevölkerung in der glücklichen Lage, die ehemaligen Burschenschaftshäuser an BRD-Flüchtlinge zu übergeben." (marburg virus, nummer 66, S.5). Einen Rose ist eine Rose ist eine Rose. Burschenschaften sind Korporationen sind Burschenschaften. Man wünscht sich die Flucht der Korporationen; die Philister der Toleranz demaskieren sich. Warum haben wir im letzten Jahr bloß Toleranz bis zur Selbstverleugnung geübt?!

Unter dem Titel: "Demo-Aufruf. Marktfrühschoppen stoppen. Den rechten Konsens durchbrechen" heißt es auf der Titelseite....


schnipp, Zitat an--------------------------- "

(...) Aus den Erfahrungen des letzten Jahres wird deutlich, daß sich der Charakter dieses Festes unmöglich immanent, durch Veränderungen der Rahmenbedingungen des Marktfrühschoppens ändern läßt, da eben die feiernde 'Volksgemeinschaft' alleine schon durch ihre Anwesenheit und ihr Verhalten das Bild des Festes bestimmt. Deshalb gilt es den diesjährigen Marktfrühschoppen am 5. Juli nicht nur aufgrund seiner Erscheinungsweise ANZUGREIFEN, sondern die endgültige Abschaffung dieses unsäglichen Festes mit ALLEN UNS MÖGLICHEN MITTELN ZU FORDERN UND VORANZUTREIBEN.(Hervorhebung HS)"

schnipp, Zitat aus--------------------------------

Heiko Schomberg.