Reaktionen auf den 2003er Marktfrühschoppen:


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Marktfrühschoppen Polizei beschränkt sich auf Beobachterrolle.

Verbindungsstudenten singen gegen Marktfrühschoppengegner an. Foto: Waldinger Marburg.

Pfeifend, klatschend und lauthals grölend protestierten rund 100 Demonstranten gestern wie schon in den vergangenen Jahren gegen den Marktfrühschoppen. von Werner Girgert Mit einer neuen Strategie überraschten die Gegner der Traditionsveranstaltung auf dem Marktplatz sowohl die Organisatoren des Fests als auch die mehr als 200 anwesenden Polizeibeamten. Schon anderthalb Stunden bevor das Blasorchester des TSV Ockershausen pünktlich um 11 Uhr zum Auftakt des Marktfrühschoppens aufspielte, hatten die rund 100 Demonstranten an den Biertischen direkt vor der Bühne zwischen Farben tragenden und anderen Gästen Platz genommen. Von dort aus quittieren sie die Begrüßungsansprache von Detlev Scharlau, Vorsitzender des ausrichtenden Marktfrühschoppenvereins, mit lautem Klatschen und Pfeifen. Nur einzelne Wortfetzen des Liedes "Die Gedanken sind frei", das Scharlau mit den Besuchern der Veranstaltung anstimmt, dringen noch durch die Lärmkulisse hindurch. Scharlau nimmt die Störaktion gelassen und bedankt sich bei den Demonstranten für den Applaus. Die begleiten auch die weiteren Musikdarbietungen klatschend und mit Tanzeinlagen. Zwischendurch skandieren sie im Chor immer wieder "Nieder mit dem Männerwahn, schmeißt die Burschis in die Lahn", um ihrem Unmut über die Präsenz von Verbindungsmitgliedern Luft zu machen. Für die Parole "Nie wieder Deutschland" ernten die Frühschoppengegner allerdings wütende Protestrufe aus einer Gruppe von Festgästen in ihrer direkten Nachbarschaft. Im Unterschied zum vergangenen Jahr bleibt es bei Wortgefechten zwischen Besuchern und Demonstranten, und es kommt nicht zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. "Wir wollten bewusst vermeiden, dass es zu Körperverletzungen kommt", erläutert einer der Gegner. Dazu trägt auch bei, dass die Demonstranten in diesem Jahr auf den Einsatz von Trillerpfeifen weitgehend verzichteten. Ein Megaphon, eine Rassel und ein gasbetriebenes Signalhorn hatte die Polizei laut Pressesprecher Martin Ahlich bereits im Vorfeld bei einzelnen Taschenkontrollen sicher gestellt. Dennoch fühlen sich viele der rund 1.000 Besucher massiv gestört. "Es gibt schönere Erinnerungen an den Marktfrühschoppen", sagt Beate Philippi, die der Veranstaltung seit 37 Jahren die Treue hält. Gelassener sieht es dagegen Jan Gerhardus: "Was die hier abziehen, ist eher belustigend als störend", meint der Verbindungsstudent. Nur einmal schreiten zwei Polizeibeamte während der fast dreistündigen Veranstaltung ein, als einem jungen Burschenschaftler, der sich durch die Reihen der Demonstranten wagt, die Mütze vom Kopf gezogen wird. Eine Besucherin wird von einer Stinkbombe getroffen und beschwert sich lautstark bei einem jungen Polizisten. Der Werfer bleibt jedoch unerkannt. "Aus polizeilicher Sicht gab es keinen Grund einzuschreiten", bilanziert Polizeisprecher Ahlich gegen Ende der Veranstaltung. ---->>>>>

 

----->>>>> Was tun gegen rechte Burschen? Florian Schneider In diesem Jahr haben linke Gruppen in Marburg (Hessen) ihre Proteste gegen den alljährlichen, am Sonntag stattfindenden Marktfrühschoppen der Burschenschaften ausgeweitet. ND sprach darüber mit Florian Schneider, Mitglied der Hochschulgruppe dissident.
ND: Was ist der Marburger Marktfrühschoppen?
Schneider: Es handelt sich um ein Fest der Verbindungsstudenten, das von 1951 bis 1998 von der Marburger Oberstadtgemeinde für Bürger der Stadt ausgerichtet wurde. Nach dem die Proteste zugenommen hatten, zog sich die Oberstadtgemeinde zurück und ein extra für diesen Zweck gegründeter Verein übernahm die Vorbereitung des Marktfrühschoppens. Dessen Inhalte bestehen kurz gesagt aus Blasmusik und viel Bier. Was motiviert - abgesehen von der schlechten Musik - Linke zu Protesten gegen diesen Frühschoppen? Natürlich ist die schlechte Musik nicht der Hauptgrund. Schließlich handelt es sich um ein Fest von Verbindungsstudenten. Es ist also sehr wohl ein politisches Fest. Unsere Kritik richtet sich hauptsächlich gegen die männerbündischen Strukturen und das Elitebewusstsein der Verbindungsstudenten. Selbstverständlich kritisieren wir auch die rechtsextremen Tendenzen bei den Burschenschaften. 1998 hat sogar die Neonazigruppe Nationaler Widerstand eine Solidaritätsdemonstration für den Marktfrühschoppen angemeldet. Bekannte Neonazis finden sich immer wieder im Publikum. Seit Jahren fordern Marburger Initiativen von dem Verein, der den Marktfrühschoppen organisiert, sich wenigstens von den offen rechtsextremen Verbindungen zu distanzieren. Doch selbst das wurde bisher abgelehnt. Wir fordern die ersatzlose Streichung dieses Festes.

Welche Proteste sind geplant?

Es gab im Juni eine Bündnisdemonstration gegen den Marktfrühschoppen in Marburg. An diesem Sonnabend - am Vortag des Marktfrühschoppens - organisieren wir gemeinsam mit dem Bündnis gegen Rechts, dem Studentenausschuss der Uni Marburg, der Arbeitsgemeinschaft für gewerkschaftliche Fragen und anderen eine Tagung unter dem Motto »Eliten - Männerbünde - Vaterland. Studentenverbindungen in der Kritik«. Nach dem Kongress wird es ein Gegenfest zum Marktfrühschoppen geben. Wie in den vergangenen Jahren werden auch diesmal am 6. Juli von linken und antifaschistischen Gruppen direkte Proteste gegen den Marktfrühschoppen organisiert.

Wer wird auf dem Kongress reden?

Dort werden sich Wissenschaftler überwiegend aus dem Projekt Konservatismus und Wissenschaft e.V. mit unterschiedlichen Aspekten der Verbindungsstudenten befassen. Ziel ist eine sachliche und fundierte Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang zwischen Konservatismus und Wissenschaft und im besonderen mit den studentischen Verbindungen. Zu dieser kritischen Auseinandersetzung gehört natürlich die Beschäftigung mit angrenzenden Themen wie Rechtsextremismus und Nationalismus.

Was haben die Proteste gegen den Marktfrühschoppen bisher bewirkt?

Die Proteste sind in den letzten Jahren angewachsen. Dadurch ist der Marktfrühschoppen wesentlich kleiner geworden. Selbst ein Teil der Verbindungsstudenten nimmt nicht mehr daran teil. Allerdings müssen wir verhindern, dass die Proteste zum bloßen Ritual werden, bei dem jedes Jahr auf der einen Seite die Verbindungsstudenten mit den bunten Mützen und auf der anderen Seite die Gegendemonstranten mit den bunten Transparenten stehen. Deshalb gibt es diesmal den Kongress. Interview: Peter Nowak Informationen im Internet: www.p-kw.de (ND 05.07.03)

----->>>>> Aus Marburger Neue Zeitung vom 7. 7. 2003.

Deutlich weniger Besucher des Marktfrühschoppens als 2002 Proteste beschränken sich auf Pfiffe und Zwischenrufe 07.07.2003 Von Regina Tauer Tel.: (0 64 21) 16 99 91 2 E-Mail:r.tauer@mail.mittelhessen.de

Marburg. 1000 bis 1200 und damit deutlich weniger Besucher als im vergangenen Jahr fanden sich gestern zum Marktfrühschoppen ein. Deutlich weniger hatte auch die Polizei zu tun, die rund um den Ort des Geschehens mit etwa sechzig Beamten im Einsatz war. Ein paar Gegenstände wurden sichergestellt, die in erster Linie zum Lärmmachen geeignet gewesen wäre, darunter war auch ein Megafon, berichtete der kommissarische Leiter der Marburger Polizei, Roland Fritsch, dieser Zeitung. In den vorübergehenden Besitz der Polizei gelangte auch ein Nietenarmband und diverse Transparente wie Aufschriften wie "Deutschland den Rücken stärken". Alle Jahre wieder bot sich dem Betrachter ein buntes Bild auf dem Marktplatz (li.). Bei Polizeikontrollen musste so mancher potentielle Störer seine schmutzige Wäsche ausbreiten (re.).(Fotos: Marten)

Schon lange vor Beginn des kürzesten Volksfestes Deutschlands hatten nach Schätzung der Polizei hundert Gegner des Marktfrühschoppens eine ganze Reihe von Bänken direkt vor der Bühne in Beschlag genommen. Warum, sollte sich bald zeigen. Klatschen auf Seiten der Freunde des Marktfrühschoppens, Pfiffe, Buh-Rufe und ironisch gemeinte Zugaberufe begleiteten die Eröffnung des Marktfrühschoppens um 11 Uhr durch Detlev Scharlau vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Marburger Stadtteilgemeinden. Scharlau blieb gelassen und kommentierte gegenüber dieser Zeitung lediglich: "Ich verstehe nicht, warum sie in der ersten Reihe sitzen und sich dann die Ohren vollstopfen." "Wenn`s so bleibt, sind wir zufrieden." Roland Fritsch war die Erleichterung anzusehen, dass die Lage auf dem Marktplatz im Vergleich zum vergangenen Jahr fast entspannt wirkte. Auch Oberbürgemeister Dietrich Möller (CDU), der die Strategie der Marktfrühschoppengegner aus einem Fenster des Rathauses bereits früh durchschaut hatte, meinte amüsiert: "Ich nächsten Jahr feiern die Demonstranten dann bei einem Bier mit." Nicht ganz so entspannt wirkte Hans-Joachim Wölk, Oberstaatsanwalt und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Marburger Stadtteilgemeinden. Gegen 11.45 Uhr, der Geräuschpegel hatte zugenommen, drängte Wölk gegenüber der Einsatzleitung der Polizei darauf, den Platz zu räumen. Wölk sah einen Verstoß gegen das Versammlungsrecht. Polizeichef Fritsch widersprach. Er und Möller empfahlen hingegen den Veranstaltern des Festes, die Demonstranten erst einmal zu warnen. Kritik an Wölk übten die Marktfrühschoppengegner. Dieser habe eine Durchsuchung ihrer Taschen angeordnet. Fast wie Lob klang indes der Kommentar zum Polizeieinsatz. "Sie hat sich zurückgehalten", meinte Katharina Klinge gegenüber dieser Zeitung. Die Studentin sieht als Ergebnis des diesjährigen Marktfrühschoppens einen "Schulterschluss zwischen den Stadtteilgemeinden und den Studentenverbindungen". "Die vertreten die gleiche Ideologie." Laut Klinge ist von einem Mitglied der Stadtteilgemeinden mit Blick auf die Demonstranten der Satz gefallen "Die gehören vergast". Eva Gottschaldt, Stadtverordnete der PDS/Marburger Linke, wunderte sich im Gespräch mit dieser Zeitung, warum die Polizei nicht eingegriffen habe, als von Verbindungsstudenten die schwarz-weiß-rote Reichsflagge - ein deutschnationales, antidemokratisches Symbol - geschwenkt wurde. Polizeichef Fritsch sagte auf Nachfrage, er habe keine solchen Fahnen gesehen. Die Urheberschaft für einen Brief, der sich gestern Morgen im Briefkasten dieser Zeitung fand, wies Philipp Everts von der Burschenschaft Alemania zurück. Darin wird offenbar Bezug genommen auf die Tagung "Eliten, Männerbünde, Vaterland", die am Samstag in Marburg veranstaltet worden war (diese Zeitung berichtete) und die sich kritisch mit den Studentenverbindungen auseinandersetzte. In dem Schreiben, das angeblich von der Burschenschaft Alemania unterzeichnet ist, heißt es unter anderem: "Niemand darf uns verbieten Kontakt zu Kreisen der NPD zu haben." Als Unterstützer des Briefes wurden die Burschenschaften Teutonia, Germania und Normannia Leipzig aufgezählt. Ein Sprecher der Normannia Leipzig distanzierte sich ebenfalls von dem Brief. Kleine Demonstration Auch für die in der Stadt verteilten Polizisten wurde es ein ruhiger Einsatz. Die angekündigte Demonstration mit 400 Marktfrühschoppengegnern fand nicht statt. Nur ein kleines Trüppchen von 25 Menschen machte sich, so die Polizei, auf den Weg. Dafür hätten sich 250 Demonstranten auf dem Marktplatz aufgehalten, sagt Katharina Klinge. Mangels Beschäftigung nutzten zwei Polizisten die Gelegenheit, Eisessen zu gehen.

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Chaostage Marburg

Alle Jahre wieder findet der Marktfrühschoppen in Marburg statt. Bei Deutschlands kürzestem Volksfest geht's richtig zur Sache, nur nicht so, wie es die Marburger gerne hätten. Statt fröhlichen Feierns gibt es Ärger, Unmut und Rempeleien. Denn auf dem Marktfrühschoppen treffen sich die studentischen Verbindungen. Dagegen protestieren alljährlich linksautonome Gruppen. Hunderte Polizisten passen auf.

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